TEIL 3: Darstellung von LGBT in The Last of Us Part II
DDas Videospiel „The Last of Us Part II“ hat durch seinen Fokus auf weibliche Figuren und LGBT-Personen für Aufsehen gesorgt. Denn noch immer sind Frauen und queere Menschen als Protagonist*innen bei Games eher die Ausnahme. In dieser Reihe schaut Feline sich an, was die Darstellung von Gender und sexueller Orientierung in „The Last of Us Part II“ besonders macht. In Teil 3 geht es um die Darstellung von LGBT-Figuren und sexueller Orientierung.
Spoiler-Warnung: Dieser Artikel behandelt Plotelemente aller Teile der „The Last of Us“-Reihe. Wenn ihr spoiler-frei spielen möchtet, solltet ihr diesen Artikel also erst im Nachhinein lesen.
Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 der Reihe!
Im Vergleich zu Teil 1 der The Last of Us-Reihe steht bei Part II das Thema LGBT-Identität stärker im Fokus. Zwar hat auch das erste Spiel eine queere Figur mit Bill, einem alten Bekannten von Joel. Zwar ist Bill nur eine Nebenfigur, doch sein kerniges Erscheinungsbild und seine schroffe Art bilden einen krassen Gegenentwurf zu vorherrschenden Stereotypen über schwule Männer. Ellies sexuelle Orientierung wurde im Zusatz-Spiel Left Behind durch den Kuss mit Riley angedeutet, jedoch wird erst in The Last of Us Part II wirklich explizit bestätigt, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt.
Eine Welt ohne Labels – aber auch ohne Homophobie?
Interessanterweise werden Begriff wie „lesbisch“, „bi“ oder „trans“ an keiner Stelle des Spiels erwähnt. Dass es LGBT-Figuren gibt, wird jedoch aus dem Kontext ersichtlich. Dass Figuren sich selbst kein explizites Label geben, ist – leider – auch in Filmen oder Serien sehr weit verbreitet, insbesondere bei bi- oder pansexuellen Figuren. Gleichzeitig wird Queerness in The Last of Us Part II auch ein Stück weit normalisiert dadurch, dass die klassische Coming-Out-Story inklusive Sinnkrise und internalisierter Homophobie hier nicht vorkommt. Dina weiß bereits, dass Ellie mit einer anderen Frau aus der Siedlung zusammen war und keine der beiden scheint das Bedürfnis zu haben, über die eigene Orientierung zu sprechen. Im Großen und Ganzen haben die anderen Bewohner*innen der Siedlung offenbar kein großes Problem mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Zumindest küsst Dina Ellie auf einer Party vor allen anwesenden Personen, was sie wohl nicht tun würde, wenn diese überwiegend LGBT-feindlich eingestellt wären. Dennoch werden sie von Seth, einem älteren Bewohner der Siedlung, angefahren, dass dies eine familienfreundliche Veranstaltung sei. Durch den daraus entstehenden Streit wird klar, dass der Kommentar sich nicht auf den Kuss an sich bezieht, sondern auf die Tatsache, dass er zwischen zwei Frauen stattfindet. Joel springt Ellie bei, was zeigt, dass auch er die Beziehung der beiden unterstützt – ebenso wie Dinas Exfreund Jesse.
Lev und die Transfeindlichkeit der Seraphites

Anders sieht es hingegen bei der religiösen Gruppierung der Seraphites aus. Nachdem Abby sich mit den Geschwistern und ehemaligen Seraphites Yara und Lev verbündet hat, erfährt sie, dass Lev trans ist. Ursprünglich war er als Ehefrau für einen anderen Seraphite vorgesehen, woraufhin er sich die Haare abrasierte und sich so dem Erscheinungsbild der männlichen Seraphites anpasste. Beide Geschwister wurden von der Gemeinschaft ausgeschlossen und sind seitdem auf der Flucht. Yara und Abby hingegen akzeptieren Levs Genderidentität vollkommen.

Das konservative Weltbild der Seraphites zeigt sich auch in der Figur ihrer (passenderweise) namenlosen Prophetin. Deren milde lächelndes Abbild gemeinsam mit dem Slogan „Feel her love“ („Spür ihre Liebe“) ist in ganz Seattle an Wände gemalt. Der Mythos um die Prophetin reproduziert ein sehr konservatives Weiblichkeitsbild, das sich auf ihre Liebe und Fürsorglichkeit konzentriert.
Diese stereotyp weiblichen bzw. mütterlichen Eigenschaften erinnern an die christliche Verehrung der Jungfrau Maria. Die strengen Genderrollen der Seraphites spiegeln sich auch darin wieder, dass alle Frauen ihre Haare in derselben Flechtfrisur wie die Prophetin tragen, während alle Männer ihre Haare abrasieren.
Auch wenn es aus der Trans-Community einige Kritik daran gab, dass Lev zahlreiche traumatische Erlebnisse durchleiden muss, ist es als positiv zu bewerten, dass es überhaupt einmal eine trans Figur in einem Blockbuster-Videospiel gibt und dass Lev von Abby und seiner Schwester so akzeptiert wird, wie er ist. Zudem wird Lev Stimme und Mimik von dem Schauspieler Ian Alexander geliehen, der sich als non-binary identifiziert.
Darstellung von Sexszenen: Gleiches Recht für alle?

Dina und Ellie beim „Pillow Talk“
Obwohl die Beziehung zwischen Ellie und Dina die meiste Screentime erhält, findet die einzige wirkliche Sexszene in The Last of Us Part II zwischen Abby und Owen statt (die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zusammen sind). Es wird zwar angedeutet, dass Ellie und Dina in Eugenes Gewächshaus miteinander schlafen. Jedoch wird die Szene ausgeblendet, während die beiden sich, noch voll bekleidet, küssen, und wieder aufgenommen, wenn sie in Unterwäsche nebeneinander liegen und sich unterhalten. Ob dazwischen Sex stattgefunden hat, ist unklar. Die Szene zwischen Abby und Owen ist hingegen deutlich expliziter und lässt keinen Zweifel daran, dass die beiden miteinander schlafen.
Dies wirft die Frage auf, warum die Liebesszene zwischen Ellie und Dina vergleichsweise „jugendfrei“ ist. Leider werden sexuelle Handlungen zwischen Frauen in den Medien oft mit dem Ziel inszeniert, dass heterosexuelle Männer dies erotisch finden. Möglicherweise wollten die Spieleentwickler*innen diesen Eindruck vermeiden, weshalb wir gar nicht erst explizit sexuelle Handlungen zwischen Ellie und Dina zu sehen bekommen. Durch die unterschiedliche Darstellung der lesbischen und der heterosexuellen Liebesszene könnte man jedoch den Eindruck erhalten, dass es zwar in Ordnung sei, Sex zwischen einem Mann und einer Frau relativ deutlich zu zeigen, jedoch nicht, wenn er zwischen zwei Frauen stattfindet. Letztendlich gehört zur gleichberechtigten Repräsentation von LGBT-Menschen auch, dass ihr Liebesleben genauso abgebildet wird wie das von heterosexuellen Personen. Man hätte die Sexszene zwischen Abby und Owen ebenfalls einfach ausblenden können und wieder aufnehmen, wenn sie anschließend nackt unter der Bettdecke liegen und das Publikum hätte trotzdem verstanden, dass sie gerade Sex hatten. So bleibt jedoch nur der Eindruck zurück, dass man – ob aus konservativen oder wohlmeinenden Beweggründen – immer noch keinen queeren Sex zeigen darf.
Fazit: Darstellung von LGBT in The Last of Us Part II
Insgesamt entspricht die Darstellung von LGBT in The Last of Us Part II weitestgehend der Realität in den heutigen USA: Queere Menschen werden gesellschaftlich überwiegend akzeptiert, es kommt jedoch auch zu homo- und transfeindlichen Vorfällen bzw. dem Ausschluss aus Gemeinschaften aufgrund von Transfeindlichkeit. Es handelt sich also insgesamt um eine realistische Darstellung, die die Erfahrungen von LGBT-Personen weder beschönigt noch negative Stereotype reproduziert. Lobenswert ist auch, dass The Last of Us Part II keinen Gebrauch von dem Storytelling-Klischee „Bury your Gays“ macht, nach dem queere Figuren mit höherer Wahrscheinlichkeit sterben als heterosexuelle – zumal das brutale Setting hier den Tod zahlreicher Charaktere rechtfertigt. Mit Ellie, Dina und Lev überleben jedoch alle drei LGBT-Figuren.
Bildnachweis: Alle Bilder sind eigene Screenshots der Autorin. © Sony Interactive Entertainment.
Feline mag schlechte Wortwitze, queerfeministische Medienkritik und Weißwein. Sie freut sich bereits auf ihr späteres Leben als merkwürdige alte Frau mit sehr vielen Katzen.
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