Mit nackter Haut lässt sich Aufmerksamkeit für fast alles gewinnen, dachte sich wohl das Bundesverkehrsministerium. Seit letzter Woche werben Models in Unterwäsche für das Tragen von Fahrradhelmen. Die Kampagne „Looks like shit. But saves my life“, ist ein Griff ins Klo, findet unsere Gastautorin Vanessa. Sie selbst braust mit Melonenhelm (und Kleidung!) durch Berlins Straßen.
Wer kennt es nicht, nach Feierabend erstmal raus aus der Buchse, Fahrradhelm auf und dann auf dem Bett fläzen. Genauso wirbt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) seit letzter Woche mit einer Kampagne für das Tragen von Fahrradhelmen. Schon bevor die Plakate hingen, polarisierte die Kampagne „Looks like shit. But saves my life“ („Sieht scheiße aus. Rettet aber mein Leben.“).
Was soll das, Herr Bundesverkehrsminister? Wieso werden die Helme absolut realitätsfern präsentiert? Im meinen Bekanntenkreis hat nie jemand seinen Helm im Bett getragen, warum wirbt das BMVI nicht mit Helmträger*innen in ihrem natürlichen Lebensraum, dem Straßenverkehr? Mit der Kampagne wird mit nackter Haut polarisiert, das eigentliche Problem, dass Radfahren auf vielen deutschen Straßen gefährlich ist, gerät so aber in den Hintergrund. Überwiegend leicht bekleidete junge Frauen in merkwürdigen Situationen mit Helmen abzulichten, ist sexistisch. Dass für die Diversität auch zwei Männer, davon einer dunkelhäutig, in Boxershorts posieren, ändert daran nichts.
400.000 Euro für altbackene und sexistische Kampagne
Prominentestes Gesicht der Kampagne ist die 18-jährige Alicija, Teilnehmerin der aktuellen Staffel von Germany‘s next Topmodel – und das war ganz schön teuer. Spätestens hier muss man sich an den Kopf fassen, denn während das Bundesverkehrsministerium 400.000 Euro für die Kampagne ausgibt, unterstützt ein anderes Bundesministerium den Kampf gegen sexistische Werbung. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert das Projekt Werbemelder*in von Pinkstinks, wo sexistische Werbung gemeldet werden kann. Ausgerechnet die neue Kampagne des BVMI ist ein Paradebeispiel für sexistische Werbung.
Germany’s Next Topmodel Kandidatin ist schlechtes Rollenvorbild
Ein junge Frau, die an einer erniedrigenden Castingshow teilnimmt als Rollenvorbild für Jugendliche und junge Erwachsene auszuwählen erscheint bizarr. Die Castingshow spricht überwiegend junge Frauen an und geht zum Glück an vielen Menschen einfach vorbei. Großformatige Werbung im Stadtgebiet aber nicht. Warum, lieber Herr Scheuer, nutzen sie die veraltete Maxime „Sex sells“, anstatt mal etwas Neues probieren? Warum trifft die Agentur Scholz & Friends, die hinter der Kampagne steckt, nicht den Zeitgeist? Schon mal etwas von Influencer*innen gehört? Es kann so einfach sein, junge Menschen aller Geschlechter zu erreichen. Setzen Sie doch einfach ein paar Influencer*innen mit Fahrradhelm aufs Rad und lichten diese im Straßenverkehr ab. Schön wäre es, wenn sie dabei ihre Kleidung anbehalten dürften.
Auch der Slogan „Looks like shit. But saves my life.“ ist kontraproduktiv. Das Ministerium begründet den Spruch damit, dass der Großteil der 17 -bis 30-Jährigen aus ästhetischen Gründen keinen Helm trägt. Auf großen Plakatwänden bestätigt ihnen das BMVI, dass Radhelme scheiße aussehen. Super Idee, um Menschen für den Fahrradhelm zu begeistern!
? großartig zusammengefasst!
Vielen Dank dafür!
So eine beschissene Kampagne… schade!
Ich werde mein „Monstrum“ weiter tragen. Auf dem Rad und angezogen.
Ein Unfall im engen Familienkreis, der ohne Helm sicher nicht so glimpflich ausgegangen wäre, führte dazu, dass ich ihn nun immer aufsetze. Berichte darüber würden vielleicht eher helfen den Helm aufzusetzen.
Und formschönere Helme? Da muss doch noch was gehen…
Viele Grüße Christina